Unsere WĂ€lder stehen unter Druck. Klimawandel, StĂŒrme und BorkenkĂ€fer hinterlassen riesige KahlflĂ€chen.
Doch die gröĂte Herausforderung fĂŒr die Wiederbewaldung ist oft unsichtbar â sie steht auf vier Beinen: Rehe und Hirsche, die in ĂŒberhöhten BestĂ€nden junge BĂ€ume auffressen, bevor sie ĂŒberhaupt eine Chance haben. Die natĂŒrliche Regeneration des Waldes, auch NaturverjĂŒngung genannt, funktioniert nur dann, wenn das Wild seinen Lebensraum nicht ĂŒbernutzt.
Diese Seite zeigt auf, warum ökologisches Wildtiermanagement der SchlĂŒssel zur Wiederbewaldung ist â und welche Chancen sich dadurch bieten.
Hute-Wildwald â Hirsche fraĂen sĂ€mtliche Biomasse zwischen 0 cm und 1,80 m â nur nicht die GrĂ€ser, Brilon 2024
Ein gesunder Wald ist vielfĂ€ltig. In Nordrhein-Westfalen kommen rund 35 heimische Baumarten natĂŒrlich vor.
Doch wer durch viele heutige WĂ€lder geht, sieht meist nur Fichte, Birke, Buche und gelegentlich Kiefer oder LĂ€rche. Warum? Diese Baumarten sind sogenannte âVerbissvermeiderâ. Sie schmecken dem Rehwild schlichtweg nicht besonders gut. Andere, ökologisch wichtige Arten wie Eiche, Hainbuche, Ahorn oder Wildkirsche hingegen sind bei Rehen sehr beliebt â und werden daher regelmĂ€Ăig âverbissenâ, also in ihrer Entwicklung gestört oder ganz gefressen.
Das hat Folgen: In vielen Revieren verschwinden diese Baumarten fast vollstĂ€ndig, weil sie kaum ĂŒber Kniehöhe hinauskommen. Die natĂŒrliche Mischung geht verloren, der Wald verarmt. Es entstehen monotone, weniger stabile BestĂ€nde. Die ökologische Funktion des Waldes, seine Resilienz gegen Klimastress, SchĂ€dlinge und Windwurf â all das leidet.
Die sogenannte âEntmischungâ ist kein abstrakter Fachbegriff, sondern ein reales ökologisches Problem, das heute auf Millionen Hektar sichtbar ist.
Rehe und Hirsche fressen nicht nur BĂ€umchen â sie vernichten auch fast alle krautigen Pflanzen. ZurĂŒck bleiben nur Gras, Brombeere und Ginster. Das wirkt sich negativ auf Boden, Klima und Artenvielfalt aus. Der Waldboden trocknet aus, Insekten und Vögel verschwinden â eine Kaskade des Artensterbens beginnt.
In NRW gibt es rund 35 heimische Baumarten. Doch auf vielen FlĂ€chen wachsen nur noch Fichte, Birke oder Buche. Warum? Diese Arten schmecken Rehen nicht â andere hingegen wie Eiche, Hainbuche oder Kirsche werden bevorzugt verbissen. Die Folge: Der Wald entmischt sich, wird instabiler und Ă€rmer an Arten.
SchutzmaĂnahmen fĂŒr junge BĂ€ume sind aufwendig und teuer. Zaunanlagen mĂŒssen errichtet, gepflegt und wieder entfernt werden. Einzelbaumschutz bedeutet stĂ€ndiges Kontrollieren und Reparieren. Doch all das wĂ€re nicht nötig, wenn der Wildbestand dem Lebensraum angepasst wĂ€re.
Die Forstwissenschaft geht davon aus: Ein Wald kann sich natĂŒrlich regenerieren, wenn jĂ€hrlich weniger als 10âŻ% der sogenannten âLeittriebeâ verbissen werden. In diesem Bereich spricht man von einem âtragbaren Verbissniveauâ. In vielen Revieren liegt dieser Wert jedoch bei 30âŻ% bis 60âŻ% â teils sogar noch höher, insbesondere in Regionen mit Rotwild.
In solchen FĂ€llen ist eine ungeschĂŒtzte NaturverjĂŒngung nicht möglich. Das bedeutet: Ohne groĂflĂ€chige ZĂ€une kommt kein stabiler neuer Wald auf. Die Verantwortung dafĂŒr liegt bei uns Menschen â vor allem bei der Jagd. Eine angepasste Wilddichte wĂŒrde den massiven Schutzaufwand ĂŒberflĂŒssig machen. Ein Wald, der sich selbst verjĂŒngt, ist nicht nur gĂŒnstiger, sondern auch gesĂŒnder, artenreicher und widerstandsfĂ€higer.
Laub und Krautiges wurde komplett gefressen, Rotwildgebiet Brilon-BĂŒren 2025
Nicht normal: KalamitÀtsflÀche mit Gras im Sauerland 2016
Ein gesunder Wald ist vielfĂ€ltig. In Nordrhein-Westfalen kommen rund 35 heimische Baumarten natĂŒrlich vor.
Viele denken beim Wildverbiss nur an beschĂ€digte Baumtriebe. Doch die RealitĂ€t ist weitreichender. Rehwild beeinflusst die gesamte Vegetationsstruktur des Waldes. In vielen Revieren verschwinden durch stĂ€ndigen Verbiss nicht nur junge BĂ€ume, sondern auch fast alle krautigen Pflanzen. Ăbrig bleiben: Gras, Brombeeren und Ginster â Pflanzen, die entweder gemieden oder durch ihre Wuchsform geschĂŒtzt sind.
Dieser Verlust der sogenannten âbiologischen Bodenvegetationâ hat gravierende Folgen:
Ein Wald, in dem nur noch Gras wĂ€chst, ist kein gesunder Lebensraum. Er ist das Resultat eines ökologischen Ungleichgewichts â und ein stiller Alarmruf, der uns zum Handeln auffordert.
WĂ€lder, die sich nicht selbst regenerieren können, verursachen hohe Folgekosten. In ĂŒbernutzten Revieren mĂŒssen junge BĂ€ume einzeln geschĂŒtzt oder groĂflĂ€chig eingezĂ€unt werden. Diese MaĂnahmen verschlingen immense Summen. In NRW liegen die Kosten fĂŒr Wiederbewaldung mit SchutzmaĂnahmen teilweise bei ĂŒber 18.000âŻâŹ pro Hektar!
Im Gegensatz dazu stehen Reviere mit angepassten WildbestĂ€nden. Dort wachsen 13 bis 15 Baumarten kostenlos aus NaturverjĂŒngung nach. Nur punktuell wird durch gezielte Pflanzung ergĂ€nzt. Die Kosten liegen dann hĂ€ufig unter 2.000âŻâŹ pro Hektar â mit staatlicher Förderung ist die Wiederbewaldung sogar kostenneutral möglich.
Fazit: Wer Wildbestand und Wald in Balance bringt, spart nicht nur Geld â sondern schĂŒtzt Klima, Artenvielfalt und Boden auf effiziente Weise.
Der Gipfel: Gepflanzte Fichte wird geschĂŒtzt.
Bevor die Fichten starben. NaturverjĂŒngung aus Bergahorn, Kirsche und Buche, Forschungsrevier Morsbach 2017
Ein beeindruckendes Beispiel liefert das Revier Morsbach/Sieg. Nach dem Orkan Kyrill (2007) entstand dort eine groĂe KahlflĂ€che. Doch statt mit ZĂ€unen und Pflanzungen einzugreifen, setzten die Verantwortlichen auf intensive Jagd â und auf die Kraft der Natur.
Das Ergebnis: In wenigen Jahren wuchs ein artenreicher Vorwald mit Pionierarten wie Birke, Vogelbeere und Eberesche â ergĂ€nzt durch Edellaubhölzer wie Eiche, Hainbuche und Kirsche. Ganz ohne Zaun, ganz ohne Pflanzung. Der Waldbauer kann nun gezielt einzelne BĂ€ume fördern, statt flĂ€chig nachzubessern. Die Natur hat vorgelegt â der Mensch begleitet.
Das zeigt: Naturnahe Forstwirtschaft funktioniert, wenn Wildmanagement dazugehört. Ăkologische Jagd ist kein Widerspruch zur Jagdtradition â sondern deren zeitgemĂ€Ăe Weiterentwicklung.
WĂ€lder sind mehr als Holzlieferanten â sie sind Lebensraum, KlimaschĂŒtzer und Erholungsort. Damit sie das auch bleiben, mĂŒssen wir sie schĂŒtzen.
Die ökologische Jagd leistet dazu einen entscheidenden Beitrag. Sie ist ein Werkzeug des Naturschutzes â kein Selbstzweck.
Jagd mit Verantwortung = Zukunft pflanzen
Die ökologische Jagd bringt Wild und Wald zurĂŒck ins Gleichgewicht. Sie schĂŒtzt das Klima, erhĂ€lt die Artenvielfalt und spart hohe Kosten. Deshalb sagen wir: Jetzt handeln â fĂŒr die nĂ€chste Generation.
NatĂŒrliche VerjĂŒngung aus Eichen in einem Buchen-Eichenwald, Forschungsrevier Morsbach, 2017